Dissen (Umgangssprache)

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Dissen ist ein jugendsprachliches Verb (von englisch to diss / to disrespect, bedeutet so viel wie (jemanden) „runtermachen“, „schräg anmachen“, „respektlos behandeln“ oder „schmähen“). Seit 2000 ist das Wort dissen im Duden verzeichnet und dort heißt es verächtlich machen, schmähen.[1][2]

Das Wort kam als ein ursprünglicher Jargon-Ausdruck aus den Vereinigten Staaten nach Europa und in den deutschen Sprachraum. Das geschah über die Hip-Hop-Szene, in der sich das Dissen zu einer eigenen Stilrichtung entwickelt hat, dem Battle-Rap. Im deutschsprachigen Raum gewann das Dissen in den frühen 2000er Jahren an Popularität.

Einige Rapper drücken ihre (vermeintlich) schlechte Beziehung, vor allem zu anderen Rappern, durch sogenannte Disstracks aus. Auch kommerziell erfolgreiche Rapper wie Bushido, Sido oder Fler lieferten sich untereinander langjährige Fehden, die durch explizite Beleidigungen und Drohungen befeuert wurden.[3] Beobachter sehen die wechselnden Allianzen und Feindschaften als Marketinginstrument.

Dissen auf Jamaika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das musikalische Verächtlichmachen eines selbsterklärten Feindes findet sich bereits in der jamaikanischen Populärmusik, lange vor den Disstracks im Hip-Hop. Legendär war die Rivalität zwischen Duke Reid und Coxsone Dodd, den beiden Musikproduzenten und Inhabern eines eigenen Soundsystems, zu Beginn der 1960er Jahre.[4] So produzierte Sir Dodd das Instrumentalstück Schooling the Duke von den Skatalites, das sich noch nonverbal gegen Duke Reid richtete.[5]

Als sich Prince Buster 1961 vom Studio One löste und sein eigenes Musiklabel gründete, überzog Dodd den neuen Konkurrenten mit einer Reihe von musikalischen Verwünschungen wie Prince and Duke („Prinz und Herzog“), Don’t Forget Your Nest und Spit in the Sky. Bei dem Stück Prince Pharoah, vorgetragen von Kinderstar Delroy Wilson, griff Dodd sogar selbst zum Mikrofon und wünschte seinem ehemaligen Security-Mann den Niedergang.[6]

Daran anschließend entwickelte sich der Konflikt zwischen Prince Buster und seinem ehemaligen Jünger Derrick Morgan, der sich von der Ära des Ska bis in die Zeit des Rocksteady erstreckte. Weil Morgan zum Label von Leslie Kong, der besser bezahlte, gewechselt war, verunglimpfte ihn Buster in dem Ska-Song Black Head Chinaman. Morgan reagierte in The Blazing Fire mit einem Intro auf Chinesisch („Hör zu, du Dummkopf!“). Auf Morgans Rudie in Court antwortete Buster mit seiner Komposition Judge Dread (1967).[7]

Auch der Musikproduzent und Reggae-Komponist Lee Perry setzte auf musikalische Beleidigungen und Konfrontation. Anfangs hatte Perry in Dodds Auftrag zahlreiche Schmähtracks getextet (Royalty (aka Me Sir)), doch als er sich von Studio One gelöst hatte, attackierte Perry in The Upsetter (1968) auch seinen ehemaligen Arbeitgeber („You take people for fool / And use them as a tool“). Kurz darauf rechnete Perry in People Funny Boy (1968) mit dem Musikproduzenten Joe Gibbs ab („All I have done for you / You not remember that“). In Cow Thief Skank (1973) disste Perry seinen Freund und Kollegen Niney The Observer und machte ihn als Viehdieb lächerlich.[8]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: dissen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Duden: Die deutsche Rechtschreibung. Mannheim 2006, Lemma dissen.
  2. Duden online: dissen, abgerufen am 24. August 2017.
  3. Sebastian Leber: Ich Dogge, Du Pinscher! In: Tagesspiegel, 16. Juli 2013
  4. David Katz: Beef Patty: Duke Reid x Coxsone Dodd In: Redbull Music Academy vom 19. Februar 2013 (englisch).
  5. Don Drummond: Schooling the Duke bei Bandcamp.
  6. Wilson finally gets his due - Posthumous national honour to follow 65th anniversary In: The Jamaica Gleaner vom 6. Oktober 2013 (englisch).
  7. Traxploitation: SKA WARS - Prince Buster Vs Derrick Morgan (Die Geschichte der Fehde zwischen 2 Ska-Legenden) auf YouTube (englisch).
  8. David Katz: People Funny Boy. The Genius of Lee „Scratch“ Perry. London 2021 (englisch).