Tatgeneigtheit

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Tatgeneigtheit bedeutet im Strafrecht die (straflose) Vorstufe des Tatentschlusses.[1]

Bedeutung hat die Tatgeneigtheit bei der Frage, ob ein strafbarer Versuch oder eine Anstiftung zu einer Straftat vorliegt.

Versuchsstrafbarkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB).

Zur Bejahung des Tatentschlusses im Sinne des § 22 StGB muss dieser unbedingt und endgültig gefasst worden sein.[2] Es genügt nicht, wenn der Täter lediglich tatgeneigt ist. Das ist der Fall, wenn er noch nicht fest entschlossen ist, die Tat zu begehen, sondern noch subjektive Vorbehalte hat und es daher noch eines „inneren Willensrucks“ bedarf.[3] Solange der Täter nur mit dem Gedanken der Tatbegehung spielt, ist die Entscheidung über das „Ob“ der Tatbegehung noch nicht gefallen.[4]

Strafbarkeit des Anstifters[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat (§ 26 StGB).

Um einen anderen zu einer vorsätzlichen Tat zu bestimmen, muss der Anstifter dessen Tatentschluss hervorrufen. Der Einfluss, den der Anstifter auf den anderen nimmt, muss zumindest mitursächlich für dessen Tatentschluss sein.[5] Das Hervorrufen einer bloßen Tatgeneigtheit bei dem anderen reicht nicht aus.

Andererseits kann ein bereits zur Tat Entschlossener (sog. omnimodo facturus) nicht mehr angestiftet werden. Eine strafbare Anstiftung ist hier nur durch Umstimmen zu einer weiteren oder anderen (schwereren) Tat möglich, zu der er noch nicht entschlossen war (Umstiftung, Aufstiftung).[6]

Bei Verleitung eines zunächst nicht tatgeneigten Täters durch einen den staatlichen Ermittlungsbehörden zuzurechnenden Lockspitzel oder verdeckten Ermittler verstößt das anschließende Strafverfahren gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK und das aus der deutschen Verfassung abzuleitende Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Dieser Umstand ist nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht lediglich bei der Strafzumessung zu berücksichtigen,[7] sondern führt zur Verfahrenseinstellung.[8]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tatgeneigtheit Rechtslexikon.net, abgerufen am 18. September 2020.
  2. RGSt 65, 145.
  3. Klaus Hoffmann-Holland: Das versuchte vorsätzliche Begehungsdelikt. Abgerufen am 18. September 2020.
  4. Gerhard Dannecker, Thomas Schröder: Strafrecht - Allgemeiner Teil: Versuch und Rücktritt. Tatentschluss im Sinne des § 22 StGB. Universität Heidelberg (ohne Jahr).
  5. BGH NJW 1985, 924.
  6. Urs Kindhäuser: Anstiftung Universität Bonn (ohne Jahr).
  7. so noch Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. November 1999 Lockspitzel-Fall.
  8. Robert Esser: BGH zu Agent Provocateur: Hindernis für Verfahren Legal Tribune Online, 11. Juni 2015.