Benutzer:Zietz/Werkstatt 3

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Beispiel-Zeichen der wichtigsten weltweiten Schriftsysteme
Verteilung Schriftsysteme weltweit
Die Verwendung von Elementen unterschiedlicher Schriftsysteme ist in den ostasiatischen Ländern weit verbreitet

Typografie außerhalb des lateinschriftlichen Raums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Typografie in Europa und Nordamerika beschäftigt sich vorrangig mit typografischen Aspekten und Traditionen des Lateinischen Schriftsystems.[1] Die in Deutschland geltende Klassifikations-Norm DIN 16518 etwa offeriert als Groborientierung die drei Schriftgattungen Antiqua-Schriften, Gebrochene Schriften und Nichtrömische Schriften.[2] Die Gruppe der nichtrömischen Schriften deckt geografisch grob zwei Fünftel der Erdoberfläche ab. Zu den nicht-lateinschriftlichen Regionen zählen Nordafrika sowie der größte Teilen des asiatischen Kontinents. Inklusive des lateinischen existieren weltweit rund ein Dutzend große Schriftsysteme: das kyrillische, das arabische, die im süd- und südostasiatischen Raum verwendeten Systeme sowie das chinesische und japanische.[3] Als mittelgroße hinzuzuzählen sind das hebräische und koreanische sowie das griechische. Ergänzend hinzu treten kleinere Schriftsysteme wie etwa das Georgische, das Mongolische oder das Äthiopische – Systeme, die sich vom lateinschriftlichen Alphabet ebenfalls grundlegend unterscheiden.[4]

Grundsätzlich zu unterscheiden sind dabei Alphabet-, Silben- und Zeichenschriften.[5] Zusätzlich von Bedeutung ist der Umstand, das jedes Schriftsystem mit einer Reihe ästhetisch-typografischer sowie traditioneller Besonderheiten aufwartet. Die fernöstlichen Schriftsysteme etwa sind nicht nur stark durch die chinesische Zeichenschrift geprägt mit ihrem viele tausend Zeichen umfassenden Symbolbestand.[6] Auch Leserichtung (ein Mix aus vertikal und dem hierzulande geläufigen horizontal) und Blätterrichtung unterscheiden sich vom lateinschriftlichen Alphabet fundamental. Hinzu kommt die zusätzliche Präsenz lateinschriftlicher Elemente – am weitesten fortgeschritten in Japan, wo drei unterschiedliche Schriftsysteme nebeneinander verwendet werden und die jeweilige Mischung von einem teils festgeschriebenen, teils von Erfahrung geprägten Kanon unterworfen ist.[7]

Regionsspezifische Besonderheiten weisen auch die Schriftsysteme auf dem indischen Subkontinent, in Südostasien sowie die Verwendung der arabischen Schrift in Nordafrika sowie im nah- und mittelöstlichen Raum auf. Neben der Handhabung grundlegender Schriftsystem-Besonderheiten sowie die Beachtung kultureller Besonderheiten spielen auch mikrotypografische Besonderheiten bei der Aufbereitung von Text hier eine Rolle (beispielsweise der Umstand, das ostasiatische Schriften auf Mittelachse anstatt Grundlinie ausgerichtet sind und Unterlängen von lateinschriftlichen Elementen oft angepasst – respektive: gekürzt – werden).[8] Makrotypografisch wiederum – also beim Design von Drucksachen oder Webseiten – fallen unterschiedliche Lesegewohnheiten sowie ästhetische Traditionen ins Gewicht. Während in südasiatischen Medienprodukten teilweise stark ornamentale Elemente bebräuchlich sind, wird die hebräischschriftliche Typografie teils von den Idealen der (klassischen) europäischen Moderne geprägt.[9][10]

Eine Brücke zwischen den unterschiedlichen Schriftsytemen schlägt vor allem der übergreifende, alle Schriftsysteme umfassende Standard Unicode. In den 1990ern etabliert, kartiert er alle Zeichen aus allen existierenden Schriftsystemen und fasst sie zu jeweils eigenen Blöcken zusammen.[11] Praktisch bedeutet das, dass eine Schriftfont-Datei mehrere Schriftsysteme abdecken kann. Die genauen „Anwendungsregeln“ bei der praktischen Umsetzung nicht-lateinschriftlicher Typografie sind bislang vor allem ein Thema von konkret damit befassten Experten. Deutlich verändert hat sich in dem Bereich das Angebot von digitaler Schriftfonts: Die großen Softwareherstellern Microsoft, Apple und Adobe liefern zu ihren Betriebssystemen und Anwendersoftware-Paketen zwischenzeitlich eine Schriftfont-Ausstattung, die sämtliche großen Schriftsysteme abdeckt.[12] Ähnliches gilt für Schrift-Foundries oder auch den Webfont-Bereich von Google, wo stetig neue Fonts für unterschiedliche Schriftsysteme erscheinen.[13]

  1. Siehe Gavin Ambrose, Paul Harris: Grundlagen der Typografie. Stiebner Verlag, München 2007, ISBN 978-3-8307-1332-6; Kapitel: Geschichte der Schrift, S. 12 ff.
  2. Schriftgattung, Wolfgang Beinert, typolexikon.de, 28. Oktober 2021, aufgerufen am 28. Mai 2024
  3. Nichtrömische Schriften, Wolfgang Beinert, typolexikon.de, 28. Oktober 2021, aufgerufen am 28. Mai 2024
  4. The World’s Writing Systems, geografisch untergliederte Auflistung der weltweiten Schriftsysteme, www.worldswritingsystems.org, aufgerufen am 22. Mai 2024 (englisch)
  5. Tabelle: die Klassifikation von Schriften nach ISO 15924, anleitung-zum-schreiben.de, aufgerufen am 22. Mai 2024 (PDF)
  6. Bilingualer Vergleich chinesische und lateinische Typografie, Maggie Blaser, evoq.ch, 18. Juni 2019, aufgerufen am 28. Mai 2024
  7. Japanische Typografie – Chaos und Freiheit, Makoto Watanabe, mojimoji.de, aufgerufen am 28. Mai 2024
  8. Lateinische Buchstaben im japanischen Text, Makoto Watanabe, mojimoji.de, aufgerufen am 28. Mai 2024
  9. Verschiedene Länder, verschiedene Sitten, Helena Pichler, Design And Research 17, 5. Januar 2018, aufgerufen am 28. Mai 2024
  10. Hebräische Schriftgestaltung im Kontext von Buchkunstbewegung und ‹Neuer Typographie›, Philipp Messner, isotype.ch, 1. Dezember 2015, aufgerufen am 22. Mai 2024
  11. Was ist Unicode? Definition und Erklärung, ionos.de, 10. Dezember 2020, aufgerufen am 28. Mai 2024
  12. Siehe In macOS Ventura enthaltene Schriften (Apple), Internationale Schriftarten (Microsoft) und OpenType-Schriften, (Ist OpenType auf lateinische Schriften beschränkt?; Adobe); aufgerufen am 28. Mai 2024
  13. Google Fonts, fonts.google.com, aufgerufen am 28. Mai 2024 (englisch)