Casa de los babys

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Film
Titel Casa de los babys
Produktionsland USA, Mexiko
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 2003
Länge 95 Minuten
Stab
Regie John Sayles
Drehbuch John Sayles
Produktion Alejandro Springall,
Lemore Syvan
Musik Mason Daring
Kamera Mauricio Rubinstein
Schnitt John Sayles
Besetzung

Casa de los babys von Independentregisseur John Sayles ist ein US-amerikanisch-mexikanisches Filmdrama aus dem Jahre 2003. Es handelt sich um einen Ensemblefilm aus weiblicher Perspektive über grenzübergreifende Adoption.

Sayles zeichnete bei dem für IFC Films in Acapulco (Mexiko) entstandenen 95 Minuten-Film für Drehbuch, Regie und Schnitt verantwortlich. In Deutschland wurde er am 31. Dezember 2009 vom Peripher Filmverleih in einige Programmkinos gebracht.[1] Die Auswertung auf DVD übernahm das Label Ascot Elite, welches den Film am 6. April 2009 im mehrsprachigen Original mit optionalen deutschen Untertiteln veröffentlichte.[2]

Regisseur John Sayles bemerkt im Audiokommentar: „Wenn Leute unsere Filme ‚politisch‘ nennen, scheint es mir immer, sie sind politisch bewusst, in dem Sinne, dass sie nicht politisch unbewusst sind. Sie sind nicht notwendigerweise ideologisch […] Oft ende ich mit mehr Fragen, als ich Antworten habe“.[3]

Sayles versucht hier eine Art einfühlsamen Traffic (R: Steven Soderbergh, USA 2000) mit episodischer Struktur im Kontext des Adoptionstourismus[4] im Nord-Süd-Wohlstandsgefälle.

In einem nicht näher bezeichneten[5][6] südamerikanischen Land der Gegenwart sind fünf wohlhabende Amerikanerinnen und eine Irin im Adoptionsurlaub. In unmittelbarer Nachbarschaft der Säuglingsstation, die die „besten Exportartikel“ des Landes beherbergt, hängen folgende Frauen zusammen fest:

  • Nan hat Haare auf den Zähnen und einen mächtigen Ehemann daheim. Allerdings neigt sie auch zur Kleptomanie, und vor allem zur Bestechung. Als Kindesmisshandlungsopfer empfiehlt sie für die Erziehung selbst eine härtere Gangart. Ihr kraft Gesetzes vorgeschriebener Anwalt ist praktischerweise der Bruder der Hotelbesitzerin, Señora Muñoz.
  • Die ruhige Gayle ist religiös – und bei den anonymen Alkoholikern. Sie spricht Spanisch.
  • Jennifer liebt ihren anscheinend reichen[3] Mann in Washington, D.C. sehr, ist sich aber unschlüssig, was sie eigentlich will. Sie und Eileen sind die Jüngsten der Gruppe.
  • Skipper ist eine durchtrainierte New Age[7]-Marathonläuferin, versteht sich auf Naturheilkunde und Massage und spricht nicht viel. Beim Massieren gesteht sie Jennifer, dass sie bereits drei Fehlgeburten hatte.
  • Leslie ist jüdischen Glaubens. Sie ist hip und zielstrebig, verhält sich im Gespräch aber eher ausweichend. Die anderen Touristinnen halten sie für eine Lesbe.
  • Eileen als Irin scheint sich in der Fremde unwohl zu fühlen, der Kinderwunsch der empfindsamen Frau tritt trotzdem offen zutage. In Gegenwart der Putzfrau malt sie sich aus, wie sie mit ihrer Tochter einen schulfreien unbeschwerten Wintertag im Schnee verbringen würde.

Während die Formulare der Frauen im bürokratischen Limbus[8][9] festhängen, vertreiben sie sich in dem abgeschotteten Hotel oder mit Margaritas am Strand die Zeit, tratschen, hoffen, bangen und planen. Im Zug des „balance of trade“ wird ihr Aufenthalt künstlich hinausgezögert.[10] Angesichts der ungewissen höheren Gewalt der Behörden zeigen sich die vielleicht werdenden Mütter in verschiedenen Stadien der Verzweiflung und copen auf unterschiedliche Weise mit ihrer Situation. Zudem belauern sie sich gegenseitig[11] in der tropischen Hitze beim Wetteifern um die optimale Ressourcenallokation.

An Dramatis personae gibt es außerdem: die pragmatische Unternehmerin Señora Muñoz, der das Hotel für gehobene Ansprüche und gepolsterte Geldbörsen gehört, die schon Hunderte solcher Frauen kommen und gehen sah[5]; ein arbeitsloser learning-by-doing-Fremdenführer für vier Dollar, ausgebildeter Architekt, der von Philadelphia träumt und Fernsehlotterie spielt; der Hausmeister des Hotels, Sohn von Señora Muñoz, der Nan für eine „Hexe“ hält, sich in Stammtischpolitik ereifert und über den Kulturimperialismus der Yankees wettert; ein einheimischer junger Romeo vom Strand, ein schwangerer Teenager; die sehr junge Reinigungskraft Asunción, die ihr eigenes Baby vor noch nicht langer Zeit weggab; eine Krankenschwester; Straßenkinder, die sich mit Scheibenputzen und Taschendiebstahl verdingen, Klebstoff schnüffeln und in Pappkartons oder am Strand schlafen (und Sternschnuppen dabei sehen).

Zuletzt hat Nan mit ihrem Bestechungsversuch Erfolg und kauft für sich und Eileen je einen Säugling. Die zwei Babys haben einen Freifahrtschein in die erste Welt und eine nicht minder ungewisse Zukunft. Bevor man im Wartesaal der Behörde sieht, welches zu welcher getragen wird, friert das Bild ein.

  • „so weit, wie man sich von eskapistischer Filmunterhaltung entfernen kann und fiktional bleiben. […] auf Sayles profunder Sensibilität aufbauend, wie sehr das Politische persönlich ist […] man muss sich zwangsläufig fragen, was für Mütter das sein werden.“ (Stephen Holden: The New York Times)[8]
  • „bietet eine sehr unterhaltsame und intelligente Schau des Lebens verrückter Lotterie“ (Time Out Film Guide)[12]
  • „stolpert in die Leben der Protagonistinnen mit so-gut-wie-keiner Einführung und zieht sich zurück, bevor sich irgendetwas auflöst. […] Zwar ist der Film weniger als die Summe seiner Teile, aber so feinfühlige und ergreifende Teile muss man lange suchen“ (Ed Gonzalez: Slant)[11]
  • „Ein Puzzle von Einzelschicksalen soll zu einem Gesellschaftsporträt mit politischer Dimension verdichtet werden, ohne dafür die Unebenheiten abzuschleifen oder sämtliche Lücken zu schliessen. […Sayles hat] sich diese aber nicht wirklich zu eigen gemacht […] Es wirkt, als ob sich Sayles selbst in der von ihm entworfenen Erzähllandschaft nicht immer zurechtfände“ (Thomas Binotto: Neue Zürcher Zeitung)[13]
  • „Letztlich sehen wir, dass der auswärtige Verwaltungsakt der Adoption größer ist als eine einzelne Person oder ein Neugeborenes. […] Insgesamt versucht der Film einfach zuviel. […] Ein Prozess der Adoption erstreckt sich auf soziologischen, psychologischen und physischen Druck, dem man nicht rational nachgehen kann über sechs Hauptfiguren hinweg, in zwei Stunden schon gar nicht. Dann die Komplexität der Zusammenarbeit mit einer ausländischen Verwaltung mit ihren eigenen Zeitabläufen, Regeln, kulturellen Nuancen und Sprachschwierigkeiten, damit ergibt das eine zehnstündige Miniserie mindestens. […] Obwohl wir ein wenig über ihre Vergangenheit und ihre Motivation wissen, wachsen wir nicht mit ihnen und empfinden ihre Erleichterung trotz all dem Ärger und der Liebesmüh nicht. […] am Ende schmeisst also doch ein ausländischer Bürokrat die Würfel“ (Film Threat)[14]
  • „am Ende zieht [… Sayles] den Stecker, als ob er fertig oder ihm die Zeit ausgegangen[15] wäre […] Subtilität ist seine Sache nicht. […] Sayles klopft an Klischees und Gemeinplätze und versucht sie wohlüberlegt umzudrehen, nur um darunter nichts zu finden. […] Vielleicht der dramatischste Verlauf findet zwischen der einheimischen Putzfrau, die kein Englisch spricht und einem der Gäste statt, welcher kein Wort Spanisch spricht. Sie tauschen von Herzen kommende Empfindungen aus über Mutterschaft und Kinder, ohne sich je zu verstehen, dabei trotzdem auf einer Wellenlänge. […] Das ist die Sorte raffinierter Beobachtung, von der wir mehr hätten sehen wollen, aber Sayles ist zu beschäftigt damit, nach tieferem Sinn zu suchen, um es überhaupt zu bemerken.“ (Desson Howe: The Washington Post)[16]
  • „Man könnte sich an dem überzogenen Naturalismus des Autors/Regisseurs stoßen, simple Gespräche zu verwenden, wie man sie im Supermarkt an der Kasse nebenan hört.“ (Harvey S. Karten: rec.arts.movies.reviews)[17]
  • „eine predigende Geschichte über sechs neurotische Amerikanerinnen […] Wenn Ihnen das nicht klar ist, dass Amerikaner einen bedeutend höheren Lebensstandard als Lateinamerikaner haben […] eine gute Wahl.“ (Steve Rhodes: rec.arts.movies.reviews)[18]
  • „Die sechs Darstellerinnen […] scheinen überzeugt, mit wenig oder ganz ohne Make-up wären es echte Menschen, die man spielt. […] eine schematische Abhandlung […] durchsetzt mit Montagen pausbäckiger Latino-Babys“ (Variety)[7]

Anmerkungen und Einzelnachweise

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  1. Casa de los Babys – Programmkino.de. Abgerufen am 21. Oktober 2021 (deutsch).
  2. Casa de los Babys (OmU) – Filme.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Oktober 2021; abgerufen am 21. Oktober 2021 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.filme.de
  3. a b When people call our movies ‘political,’ I always feel like they’re politically conscious in that they’re not politically unconscious. They’re not necessarily ideological […] I often end up a movie with more questions than I have answers. (Sayles). Fuchs, s. Weblinks.
  4. siehe International adoption in der englischsprachigen Wikipedia.
  5. a b Roger Ebert: Casa de Los Babys. In: rogerebert.suntimes.com. 3. Oktober 2003, abgerufen am 6. März 2009.
  6. Die rechtlichen Erfordernisse über die Ansässigkeit, die er für den Film benötigte, ähneln am ehesten denen von Chile, sagt Sayles. Gonzalez, s. Weblinks.
  7. a b David Rooney: Casa de los Babys Review. In: variety.com. 25. August 2003, archiviert vom Original am 27. September 2008; abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch): „The six lead actresses in „Casa de los Babys“ appear convinced that by wearing little or no makeup, they’re playing real women. […] an entirely schematic treatise […] Punctuated by montages of fat-cheeked Latino babies“
  8. a b Stephen Holden: Casa de Los Babys (2003). In: The New York Times. 19. September 2003, abgerufen am 6. März 2009 (englisch): „as far as you can get from escapist movie entertainment and still call it fictional. […] rooted in Mr. Sayles’s profound awareness of the degree to which the personal is political […] you can’t help wondering what kind of mother each will be“
  9. ebenso Ng, s. Weblinks.
  10. Casa de los babys. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 5. März 2009.
  11. a b Ed Gonzalez: Casa de los Babys. In: slantmagazine.com. 6. August 2003, archiviert vom Original am 22. April 2005; abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch): „dropping into the lives of the film’s women with little-to-no introductions and pulls out before anything is ever resolved. […] By film’s end, Sayles likens the struggle of the film’s women to both a lottery and astrological fate. […] But if the film is less than the sum of its parts, you won’t find parts as delicate and devastating“
  12. Casa de los Babys. In: timeout.com. Archiviert vom Original am 4. Februar 2013; abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch): „offers an immensely entertaining and intelligent look at life’s mad lottery“
  13. Thomas Binotto: Orientierungsprobleme. In: Neue Zürcher Zeitung. 25. Juni 2004, abgerufen am 9. Mai 2019.
  14. Casa de los Babys. In: Film Threat. 10. November 2003, abgerufen am 6. März 2009 (englisch): „Ultimately, we realize that the foreign adoption process is larger than any single person or newborn baby. […] All in all, the film just tries to do too much. The process of adopting a child has all kinds of social, psychological, and physical stresses that cannot possibly be addressed rationally across six main characters, let alone in a two-hour time frame. Add to that the complexities of dealing with a foreign government and bureaucracy that operate on their own time table, with their own rules, cultural nuances, and language barriers and you have at minimum, a ten hour miniseries. […] Even though we do get to know a little about their past and their intentions, we don’t get to grow with them nor do we get to experience the final joy of all their efforts and goodwill. […] it all comes down to a foreign bureaucrat rolling the dice“
  15. ähnlich Holden.
  16. Desson Howe: Sayles’s Baby Blues. In: The Washington Post. 3. Oktober 2003, abgerufen am 6. März 2009 (englisch): „he seems to pull the plug, as if he’s suddenly had it or just plain ran out of time. […] but he’s stuck with a tin ear for subtlety. […] Sayles pokes at these cliches and secondhand ideas and tries to turn them over thoughtfully, but he doesn’t seem to find much under them. […] Perhaps the best dramatic exchange is between a local maid, who speaks no English, and one of the visitors, who doesn’t know a word of Spanish. They exchange heartfelt feelings about motherhood and children without understanding each other, somehow connecting in spite of everything. This is the kind of on-the-money encounter we could have enjoyed more of, but Sayles is too busy searching for deeper truths to notice“
  17. Harvey S. Karten: Casa de los babys (2003). In: rec.arts.movies.reviews. 2003, abgerufen am 6. März 2009 (englisch, bei IMDb): „Some may complain that the writer-director is overly naturalistic, punctuating ordinary conversations between people that you might hear in your neighborhood supermarket“
  18. Steve Rhodes: Casa de los babys (2003). In: rec.arts.movies.reviews. 2003, abgerufen am 6. März 2009 (englisch, bei IMDb): „a preachy story about six neurotic American women […] If you weren’t aware that Americans have a much higher standard of living than Latin Americans […] CASA DE LOS BABYS is a reasonable choice“