Erna Becker-Ernst

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Erna Becker-Ernst mit dem Quartett der Kölner Oper, 1928

Erna Becker-Ernst, geborene Becker (geboren 10. September 1885 in Groden bei Cuxhaven; gestorben 24. Januar 1945 in Bad Frankenhausen) war eine deutsche Komponistin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elternhaus und Kindheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erna Becker-Ernst wuchs in Groden auf. Sie hatte drei Geschwister Edgar, Carla und Hellmuth und war das jüngste Kind des Grodener Pastors Carl August Becker (25. Dezember 1848 bis 18. Juli 1921). Ihre Mutter Elise Christine Becker, geborene Meyer (1860–1893), verstarb im Alter von 33 Jahren an einer akuten Infektionskrankheit. Ernas Vater heiratete 1896 ein weiteres Mal die 21-jährige Nichte Anna Thiele (1875–1953).

Das Grodener Pfarrhaus hatte ein Musikzimmer. Ab dem 5. Lebensjahr bekam Erna Klavierunterricht bei dem von 1884 bis 1922 tätigen Grodener Hauptlehrer, Kantor und Organisten Wilhelm Quietmeyer.[1]

Schul- und Berufsausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Grundschule in Groden (1892–1900) besuchte Erna Becker-Ernst die private Höhere Töchterschule (1900–1902) unter der Leitung von Marie Cochius. Der Besuch des Oberlyzeums in Sondershausen in Thüringen (1902–1905) mit Abschluss der Reifeprüfung (Abitur) wurde aufgrund finanzieller Unterstützung des Vaters ermöglicht. An der Marie-Encke-Schule, eine private höhere Mädchenschule in Naumburg/Saale, erfolgte im Anschluss der Schulausbildung eine einjährige, praktische Ausbildung als Lehrerin (1905–1906).[2]

Musikstudium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der mögliche Berufseinstieg als Lehrerin kam für Erna Becker-Ernst nicht in Betracht. Sie entschied sich daher an der eigenen musischen Begabung zu arbeiten und diese zu verbessern. Sie kehrte zurück nach Sondershausen und belegte am dortigen Konservatorium zwischen 1907 und 1909 verschiedene Seminare (Abschnitt: Theorieschule). Zu dieser Zeit wurde das Konservatorium durch den Direktor und Hofkapellmeister Traugott Ochs und den Hofkonzertmeister Carl Corbach geleitet.[3]

Erna Becker-Ernst hat in den Jahren 1920–1925 verschiedene Seminare in orchestraler Komposition und Instrumentalpädagogik am Konservatorium Köln belegt. Sie ist von Heinrich Lemacher und von Karl Hermann Pillney in Fuge und im Kontrapunkt (Johann Joseph Fux) in Köln unterrichtet worden. Zwischen 1927 und 1932 entstanden sechs unveröffentlichte Sinfonien. In einem Brief bemerkte sie, „ich habe erst vom 35. Jahre an Musik studiert und auch nur auf dringendsten Wunsch meines lieben Mannes.“[4]

Heirat und späteres Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach standesamtlicher Heirat am 21. September 1910 in Hannover ist Erna Becker-Ernst mit ihrem Ehemann Wilhelm Ernst (1858–1936), einem Königlich-Preußischen Oberförster, nach (Bad) Münstereifel im Rheinland gezogen. Nach Hausbau auf dem Hubertusweg im Jahr 1914, hat sie mit großem Elan viele verschiedene Musikstücke komponiert. In der Zeit von 1911 bis 1929 hat ihr Ehemann eine private Forstschule dort gegründet und geleitet.[5] Nach Geburt ihres Sohnes Wolfgang, im Jahr 1913, wurde bei ihr Gelenkrheuma diagnostiziert. Durch die mit der Zeit zunehmenden körperlichen Bewegungseinschränkungen hat sie keine großen Reisen unternommen.

Mit dem Tod des Ehemannes im Jahr 1936 ging für Erna Becker-Ernst die Geborgenheit und Sicherheit in ihrem Leben verloren. Nach Kriegsausbruch im Jahr 1939 fühlte sie sich als Witwe zunehmend allein gelassen, in einem großen Haus und einer nicht heilbaren Krankheit. Das Heimatgefühl nach Groden verstärkt sich zusehends. Bedingt durch die Kriegswirren und der eigenen Gebrechlichkeit ist jedoch zu Lebzeiten eine Rückkehr in ihr Heimatdorf Groden nicht möglich gewesen. Durch die schlechte Lebenssituation und der Bombardierung der Alliierten, hat sie, körperlich angeschlagen, (Bad) Münstereifel am 28. Dezember 1944 verlassen und ist zu einer Freundin nach Bad Frankenhausen in Thüringen, einem vertrauten Umfeld in ihrer Jugendzeit, gezogen. Drei Wochen später ist sie mit 59 Jahren, am 24. Januar 1945, in Bad Frankenhausen an einem Rückenmarkleiden verstorben und dort begraben worden.[6] Auf der östlichen Seite der Grodener Pfarrkirche erinnert eine stark verwitterte, kleine Steinplatte an die Komponistin Erna Becker-Ernst.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kompositionen / Aufführungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Jugend an war Ludwig van Beethoven das Vorbild im musikalischen Ausdruck der Kompositionen von Erna Becker-Ernst. Folgende Worte sind von ihr schriftlich überliefert: „Steh ich vor deinem lieben Bild, im Geiste lausche ich wonnetrunken den Tönen, die einst schmeichelnd, mild, oft brausend, gleich den Meereswogen den Hörern sind vorbeigezogen“.[1] Seit dem 13. Lebensjahr hat sie komponiert und nahezu 400 Kompositionen unterschiedlicher Art im Zeitraum von 1899 bis 1944 hinterlassen (Oper, Choral / Gesang, Balladen, Lyrik, Poesie, Märchen, Träume, Heimatlieder, Volkslieder, Orgelwerke, Kirchenlieder, Kammermusik, Klaviermusik, Orchesterwerke (Sinfonien, Ouvertüren). Etwa 98 % sämtlicher Kompositionen, meist in handschriftlicher Form, sind erhalten geblieben. Eine tragfähige fachliche Beurteilung zur Gestaltung und Ausdruck der Kompositionen ist nur ansatzweise möglich. Immerhin geben die vorliegenden Kritiken folgenden Anhalt. Dort wird auf die Eigenwilligkeit in Rhythmus und Harmonie, den eigenwüchsigen Stil, den weichen Wendungen im Lyrischen und die Einfachheit der melodischen Linienführung aufmerksam gemacht. „Lieder bauen auf Brahm´schen Traditionen auf, ohne die Eigenart der Erfindung und Gestaltung zu verlieren“. „Man erlebt in den Kompositionen die ganze Tiefe seelisch-musikalischer Gestaltungskraft der Komponistin“.[7]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • um 1914: Furor teutonicus! (am Abend des 25. Juli 1914 bei der Kriegserklärung an Serbien im Löwenkeller in München von W. Wolter, stud. phil. S.S. 1914 in München, gefallen am 16. April 1915 in der Champagne), vertont für eine Singstimme mit Klavier; Gries & Schornagel: Hannover, Nr. 308
  • Edmund Kuntze (Text), E. Becker-Ernst (Vertonung.): Auf der Wacht! Gesang und Klavier, deutsch-österreichisch-ungarisches Trutzlied, Kaiser Franz Josef I. gewidmet
  • 1916:
    • Franz Evers, E. Becker-Ernst (Komp.): Habt ihr unsre deutschen Soldaten gesehn?, für Klavier mit unterlegtem Text, Mönchen-Gladbach: Sekretariat soziale Studentenarbeit
    • Turmwächters Lied, für Bariton
  • 1919: Hans Willy Mertens (Text), E. Becker-Ernst (Komp.),: O Bonna – der Studentenschrift z. 100jährigen Jubelfeier d. Bonner Universität gewidmet, Bonn: Kommissionsverlag Otto Sebbesse, Barmen: Stich und Druck Aug. Schmidtmann, 1919
  • 1927: 1. Sinfonie in c-moll – Orchester
  • 1942: Hans Franck (Text), E. Becker-Ernst (Komp.): Heimat für Klavier[8]

ohne Jahr:

  • Drei feurige Dinge, Text von Hans Willy Mertens – in Kommission bei Otto Sebbesse Bonn a. Rhein – Universitätsdruckerei M. Stürtz A. G., Würzburg
  • Fuge in f-moll für Klavier

für Sopran:

  • Das mitleidige Mädel
  • Einsamer Weg
  • Begraben in Blüten
  • Herr Olaf (Ballade), für Tenor
  • Largo e mesto, für Orchester
  • 3. Streichquartett

für Klavier und Gesang:

  • O süßer Friede
  • Du feuchter Frühlingsabend
  • Schwälbchen
  • Die Idealisten

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schwerpunkt der Kompositionen liegt in der Zeit zwischen 1900und–1932.[9][10][11][12][13]

  • Drei feurige Dinge und Furor teutonicus liegen als Druckexemplar vor. Andere Werke wurden in Konzerten in Berlin, Köln, Sondershausen, GEDOK Köln, (Bad) Münstereifel aufgeführt oder im Radio (Hamburg, Köln) gesendet. Nachweise für die Kompositionen von Fuge in F-Moll bis 1. Sinfonie in C-Moll unter[4]
  • Begraben in Blüten, O süßer Friede, Du feuchter Frühlingsabend, Schwälbchen, Die Idealisten[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hermann Borrmann: Daten zur Geschichte des Amtes Ritzebüttel und der Stadt Cuxhaven (Veröffentlichung des Archivs der Stadt Cuxhaven, Nr. 5), 3. erweiterte Auflage; Verlagsgesellschaft Cuxhaven mbH & Co Cuxhavener Nachrichten KG, 1982
  • Lyzeum und Oberlyzeum der Fürstlichen Residenzstadt Sondershausen – Jahresbericht über das Schuljahr 1912/13; Druck Paul Oertel, Sondershausen
  • Die Marie-Encke-Schule zu Naumburg a. d. Saale; Ein Gedenkblatt 1938, (Stadtarchiv Naumburg)
  • Dieter Breuer (Hg.): Die Moderne im Rheinland. Ihre Förderung und Durchsetzung in Literatur, Theater, Musik, Architektur, angewandter und bildender Kunst 1900 - 1933; Rheinland-Verlag, Köln 1994, ISBN 3-203-79004-1
  • Fred K. Prieberg: Musik im NS-Staat; Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1982, ISBN 3-596-26901-6

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Erna Becker-Ernst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Anna Steinmetz: Geschichte der Grodener Höfe. Hrsg.: Anna Steinmetz. Stadtarchiv Cuxhaven, Archiv-Nr.: B 348, 1990.
  2. Erna Ernst: Notizen, Urkunden, Briefe, Tagebücher, Poesiealbum (1990-1944). Hrsg.: Erna Becker-Ernst.
  3. Fürstliches Konservatorium der Musik Sondershausen: Prospekt und Bericht zum 25jährigen Jubiläum des Fürstlichen Konservatorium der Musik in Sondershausen. Hrsg.: Eupel´s Hofbuchdruckerei Sondershausen. Sondershausen 1909.
  4. a b Erna Becker-Ernst: Korrespondenz zwischen Professor J. Kirchner in Frankfurt am Main und Erna Becker-Ernst. Hrsg.: Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg. Signatur: Mus. Autogr. E. Becker-Ernst A 001 - A 003. Kalliope-Verbund, Staatsbibliothek zu Berlin, Referat 4, Frankfurt am Main 1941.
  5. Toni Hürten: Bad Münstereifel Chronik. II. Band - von 1816 bis 1970. Rheinland-Verlag GmbH, Köln 1975, ISBN 3-7927-0256-8, S. 89, 106.
  6. Standesamt Bad Frankenhausen/Kyffh.: Sterbeurkunde. Bad Frankenhausen/Kyffh. 23. November 1945.
  7. a b B.: Erna Becker-Ernst - Starker Erfolg der Werke einer in Cuxhaven gebürtigen Komponistin - Kammermusik-Konzert am 24.09.1933, Kneipp-Kurhaus Münstereifel. Hrsg.: Westdeutscher Beobachter / Cuxhavener Tageblatt. Cuxhaven 1933.
  8. Korrespondenz zwischen Hans Franck und Erna Becker-Ernst, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern (Schwerin), Nachlass Hans Franck, Signatur NL 08 Br Erns; Kalliope-Verbund, Staatsbibliothek zu Berlin, Referat 4; 3 Korrenspondenz-Briefe Gut Frankenhorst bei Schwerin, Münstereifel, 1944
  9. Claudia Friedel: Komponierende Frauen im Dritten Reich. Hrsg.: Universität Oldenburg. Dissertation, 1992, ISBN 3-8258-2376-8, S. 177, 219, M5, 7, 82.
  10. Cuxhavener Zeitung: Heimische Komponistin im Rundfunk / 2 Kompositionen von Erna Becker-Ernst. Nr. 41. Cuxhaven 19. Februar 1937.
  11. WERAG - Westdeutschlands Illustrierte Heimat-Funkzeitschrift: Becker-Ernst; Lieder für Sopran und Klavier. Nr. 7. Köln 14. Februar 1937.
  12. (Neue) Zeitschrift für Musik: GEDOK-Konzerte der Deutsch-Österreichischen Kunstfreundinnen und Künstlerinnen. Rufu-Verlag, Köln 1937, S. 187.
  13. Zeitschrift für Musik: Komponierende Frauen mit Werken von Philippine Schick, Elfa von Adajewfky, Margarete von Mikusch und Erna Becker-Ernst. Hrsg.: Reichssender Köln mit Hochschule der Musik. Heft 11 (II. Halbjahr). Gustav Bosse Verlag, Regensburg 1936, S. 1353 - 1354.