Georg Wobbermin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ernst Gustav Georg Wobbermin (* 27. Oktober 1869 in Stettin; † 15. Oktober 1943 in Berlin) war ein deutscher evangelischer Theologe.

Wobbermin wuchs in seiner Geburtsstadt Stettin auf, wo er auch das Gymnasium besuchte. Nach dem Erwerb des Abiturabschlusses studierte er u. a.in Berlin Evangelische Theologie. Seine Dissertation legte er im Fach Systematische Theologie vor und wurde zum Doktor der Theologie promoviert. Seit 1922 hatte er den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Universität Göttingen inne. Der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gehörte er seit 1920 als außerordentliches und seit 1922 als auswärtiges Mitglied an.[1] Er war seit 1929 ordentliches und seit 1935 auswärtiges Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften.[2]

Psychologische Religionsdeutung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wobbermins theologischer Entwurf (Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Drei Bände, Leipzig 1913 / 1922 / 1925) beruht auf einer Religionsdeutung, die psychologisch orientiert ist. Hierin erweist er sich als Anhänger Schleiermachers, doch ist er auch durch William James geprägt. Dessen Werk The varieties of religious experience gab er in einer deutschen Bearbeitung unter dem Titel Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit: Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens heraus.

Wobbermins theologisches Programm ist, wie in letzter Zeit mehrfach dargelegt worden ist, von eminenter Bedeutung und wird gegenwärtig von Theologie, Religionspsychologie und Religionstheorie vielfach weitergeführt. Dies geschieht allerdings oft ohne ausdrückliche Bezugnahme, wie überhaupt eine angemessene Würdigung der fachlichen Leistung durch seine politische Haltung in den 1920er Jahren und besonders in der Zeit des Dritten Reiches sehr erschwert wird.

Politische Einstellung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wobbermin war von der Frühzeit an bis zu seinem Lebensende ein extrem nationalistisch eingestellter Intellektueller.[3] Seit der sog. „Machtergreifung“ unterstützte er die NS-Regierung. Er gehörte auch zu den Unterzeichnern des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat vom 11. November 1933.[4] Wobbermin teilte und propagierte den nationalsozialistischen Antisemitismus. Im Jahre 1939 erklärte er seine Bereitschaft zur Mitarbeit am Eisenacher Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben.[5]

  • Ralf Geisler: Kants moralischer Gottesbeweis im protestantischen Positivismus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-87805-2 (Göttinger theologische Arbeiten 51).
  • Günter Irle: Theologie als Wissenschaft bei Georg Wobbermin. Diss. Univ. Marburg (Lahn) 1973.
  • Wolf-Ulrich Klünker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit. Die religionspsychologische Methode Georg Wobbermins. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-87386-7, (Göttinger theologische Arbeiten 33).
  • Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft. Studien zum Religionsbegriff bei Georg Wobbermin, Rudolf Otto, Heinrich Scholz und Max Scheler. Siebeck, Tübingen 1992, ISBN 3-16-145891-5, (Beiträge zur historischen Theologie 82).
  • Klaus-Gunther WesselingGeorg Wobbermin. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 13, Bautz, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-072-7, Sp. 1455–1462.
  • Matthias Wolfes: Georg Wobbermin (1869–1943). In: Ders.: Protestantische Theologie und moderne Welt. Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-11-016639-9, S. 251–405 (Theologische Bibliothek Töpelmann 102).
  • Matthias Wolfes: Georg Wobbermin. Zum Schicksal eines als verschollen geltenden Theologennachlasses. In: Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg. Archivbericht Bd. 12/13, 2000, ISSN 0945-5175, S. 94–99.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Georg Wobbermin im Mitgliederverzeichnis der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
  2. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 263.
  3. Siehe hierzu Matthias Wolfes, Protestantische Theologie und moderne Welt, Berlin / New York 1999, S. 327–347; die Theologiegeschichtsschreibung bezeichnet Wobbermin sogar als „Theologen des Dritten Reiches“ (s. S. 327)
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 683.
  5. Hans Prolingheuer, Wir sind in die Irre gegangen, Köln 1987, S. 151.