Totale Differenzierbarkeit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die totale Differenzierbarkeit ist im mathematischen Teilgebiet der Analysis eine grundlegende Eigenschaft von Funktionen zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen über . Mittels dieser Eigenschaft lassen sich viele weitere für die Analysis bedeutsame Aussagen über Funktionen zeigen. (Diese Aussagen sind nicht gültig bei Verwendung der schwächeren partiellen Differenzierbarkeit, welche der üblichen Definition der Differenzierbarkeit einer reellen Funktion als Konvergenz der Differenzenquotienten formal ähnlicher ist.) Viele weitere Begriffe der Analysis bauen dann auf der totalen Differenzierbarkeit auf. In der neueren mathematischen Literatur spricht man meist statt totaler Differenzierbarkeit einfach von Differenzierbarkeit.

Die totale Differenzierbarkeit einer Funktion in einem Punkt bedeutet, dass diese sich dort lokal durch eine lineare Abbildung approximieren (annähern) lässt, während die partielle Differenzierbarkeit (in alle Richtungen) nur die lokale Approximierbarkeit durch Geraden in allen Koordinatenachsenrichtungen, nicht jedoch als eine einzige lineare Abbildung fordert.

Während die Ableitung einer Funktion an einer Stelle üblicherweise als eine Zahl aufgefasst wird, fasst man im höherdimensionalen Fall die Ableitung als ebenjene lokale lineare Approximation auf. Diese lineare Abbildung kann durch eine Matrix dargestellt werden, die Ableitungsmatrix, Jacobi-Matrix oder Fundamentalmatrix genannt wird (im eindimensionalen Fall ergibt sich dadurch wiederum eine 1×1-Matrix, d. h. eine einzige Zahl). Im eindimensionalen Fall stimmen der klassische reelle, der totale und der partielle Differenzierbarkeitsbegriff überein.

Der Begriff der Fréchet-Differenzierbarkeit verallgemeinert die totale Differenzierbarkeit auf unendlichdimensionale Räume, er übernimmt die Eigenschaft der Ableitung als lokale, lineare Approximation.

Motivation/Einführung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Funktionen wird die Ableitung an der Stelle in der Regel durch

definiert, mit bzw. . In dieser Form kann man die Definition nicht auf Abbildungen übertragen, da man durch nicht dividieren kann. Man verfolgt deshalb einen anderen Weg.

Die Ableitung beschreibt die Steigung der Tangente an den Funktionsgraphen im Punkt . Die Tangente selbst hat die Gleichung

sie ist also der Graph der linearen (affinen) Funktion

.

Diese Funktion approximiert die Funktion im folgenden Sinn:

bzw. (mit , also )

,

wobei der Fehlerterm für schneller gegen 0 geht als , das heißt

In dieser Form lässt sich der Begriff der Differenzierbarkeit auf Abbildungen übertragen. In diesem Fall ist ein Vektor in , ein Vektor in und eine lineare Abbildung von nach .

Gegeben seien eine offene Teilmenge , ein Punkt und eine Abbildung . Die Abbildung heißt im Punkt (total) differenzierbar, falls eine lineare Abbildung

existiert, die die Abbildung

approximiert, das heißt, für die „Fehlerfunktion“

gilt

Dabei bezeichnet einen Vektor in . Die doppelten Betragsstriche bezeichnen eine Vektornorm in bzw. . Da im bzw. alle Normen äquivalent sind, spielt es keine Rolle, welche Norm gewählt wird.

Falls so eine lineare Abbildung existiert, so ist sie eindeutig bestimmt. Man nennt sie das (totale) Differential oder einfach nur die Ableitung von im Punkt und schreibt dafür , , oder .

Falls umgekehrt in einer Umgebung von alle partiellen Ableitungen von existieren und in stetig sind, folgt schon die (totale) Differenzierbarkeit von in .